Eingetragene Partnerschaft: So sorgen Sie für den Notfall vor

Jun 21, 2021.

Es geschieht etwas, das Ihre Partnerin oder Ihren Partner stark beeinträchtigt oder gar das Leben kostet. Ein Ausnahmezustand, in dem Sie weder die Zeit noch die Kraft haben, finanzielle und organisatorische Probleme zu lösen. Wenn Sie in einer eingetragenen Partnerschaft leben, sollten Sie sich frühzeitig mit Themen wie Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag oder Erbschaft auseinandersetzen. Generali Experte Guido Studier beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.

 

Guido, was passiert, wenn eine Person in einer eingetragenen Partnerschaft nach einem Unfall oder einer Krankheit nicht mehr urteilsfähig ist?

Wenn es keine Patientenverfügung und keinen Vorsorgeauftrag gibt, wird automatisch der Staat bei wichtigen Entscheidungen eingreifen. Beispielsweise wenn die Unterschriften beider Partner nötig sind oder wenn die urteilsunfähige Person einen Pflegeplatz braucht. Dafür zuständig ist die KESB (Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde). Wer seine Selbstbestimmung bewahren und dem Partner oder der Partnerin keine medizinischen und rechtlichen Entscheidungen zumuten will, sollte alles Wichtige mit einer Patientenverfügung und einem Vorsorgeauftrag regeln. Das gilt bei eingetragenen Partnerschaften genauso wie bei Ehen und ist grundsätzlich für jede Person empfehlenswert, die mindestens 18 Jahre alt und urteilsfähig ist.

 

Was regelt ein Vorsorgeauftrag konkret?

Damit klärt man proaktiv seine Stellvertretung für den Fall, dass man selbst nicht mehr entscheiden kann. Diese Stellvertretung kann die Partnerin oder der Partner sein, aber auch ein Anwalt oder eine Anwältin, ein Familienmitglied oder eine gute Bekanntschaft. Der Vorsorgeauftrag besteht aus drei Teilen: Die Personenvorsorge legt fest, wo man im Fall einer Pflegebedürftigkeit leben möchte und wer die Betreuung übernimmt. Im anderen Teil wird geregelt, wer das Vermögen der betroffenen Person wie verwalten soll und was ihr geschäftlich wichtig ist, falls sie selbständig ist. Wichtig: Der Vorsorgeauftrag muss von Hand verfasst oder öffentlich beurkundet werden. Und mit dem dritten Teil des Vorsorgeauftrags werden die rechtlichen Angelegenheiten geregelt.

 

Und wozu dient die Patientenverfügung?

Hier hält man fest, welche medizinischen Massnahmen man möchte und welche auf keinen Fall: Reanimation, künstliche Beatmung oder Ernährung? Wenn es keine Patientenverfügung gibt, muss das medizinische Personal zusammen mit dem Partner oder der Partnerin der betroffenen Person entscheiden. Oder aber die KESB ernennt einen Beistand, der das übernimmt. Die Patientenverfügung deponiert man am besten beim Hausarzt und bei den engsten Angehörigen.

 

Generali Tipp: Mustervorlagen finden Sie bei der FMH, dem SRK oder der Caritas.

 

Gehen wir vom Schlimmsten aus: einem Todesfall. Was müssen Paare in einer eingetragenen Partnerschaft speziell beachten?

Die Aufteilung des Erbes ist gesetzlich klar geregelt. Im Normalfall erben die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner sowie allfällige Kinder das Vermögen der verstorbenen Person. Wenn ein Paar keine Kinder hat, können allenfalls die Eltern miterben. 2023 wird es voraussichtlich Änderungen im Erbrecht geben, welche die hinterbliebene Person in einer eingetragenen Partnerschaft stärker begünstigen. Falls die verstorbene Person ein Kind hatte, so kann die überlebende eingetragene Partnerin oder der Partner maximal 75% des Vermögens erben. Ist die Partnerschaft ohne Kinder, dann erbt die überlebende Person 100% des Vermögens, da die Eltern keinen Anspruch auf einen Pflichtteil mehr haben werden. Wenn man diese Verteilung selbst bestimmen möchte, dann sollte man einen Erbvertrag oder ein Testament verfassen. Das gilt vor allem bei Wohneigentum, wenn gemeinsam viel Geld investiert wurde und die gesetzlichen Erben auf ihrem Erbanteil beharren könnten. 

 

Wie ist die hinterbliebene Person in einer eingetragenen Partnerschaft im Todesfall abgesichert?

Schauen wir die berufliche und die private Vorsorge an: Die hinterbliebene Person hat grundsätzlich Anspruch auf eine Hinterlassenenrente von der AHV und von der BVG, wenn die verstorbene Person erwerbstätig war. Handelt es sich um einen Mann in einer eingetragenen Partnerschaft, dann bekommt er die AHV-Rente nur, wenn er Kinder hat, die jünger als 18 Jahre sind. Auch für die BVG-Rente gibt es einige Bestimmungen. Wenden Sie sich dafür am besten an eine Fachperson. Bei der Säule 3a werden immer zuerst die eingetragenen Partner begünstigt. Bei der Säule 3b können die Versicherungsnehmer selber entscheiden, wer wie viel Geld erhalten soll.

 

Gut zu wissen

Vermögen, Kinder und Trennung in einer eingetragenen Partnerschaft: die wichtigsten Informationen.

Änderungen bei Annahme «Ehe für alle» im September 2021

Eingetragene Partnerinnen und Partner müssen ihre Partnerschaft aktiv in eine Ehe umwandeln lassen. Neu gilt genau wie bei einer Eheschliessung standardmässig die Errungenschaftsbeteiligung, die man mittels Ehevertrag für sich anpassen kann. Noch gibt es einige Unklarheiten bei der 1. und 2. Säule, die für gleichgeschlechtliche Paare angepasst werden müssten. 

 

Über den Autor

«Wer seine Selbst­bestimmung bewahren und der Partnerin oder dem Partner keine medi­zi­nischen und recht­lichen Entschei­dungen zumuten will, sollte alles Wichtige mit einer Patienten­ver­fü­gung und einem Vorsorge­auftrag regeln.»

 

Guido G. Studier, Training Expert bei Generali

Guido hat Betriebsökonomie FH studiert und ist eidg. dipl. Versicherungsfachmann VBV. Er ist seit über 25 Jahren im Versicherungswesen tätig und bildet in der Generali Academy Versicherungsfachleute aus. Guido hat einen Executive Master of Finance ZHAW und ist auch eidg. dipl. Lehrer für Wirtschaft und Gesellschaft EHB sowie Mitglied von #TeamVorsorge.