Kurzarbeit: Was passiert jetzt mit meiner Altersvorsorge?

Apr 21, 2020.

Solche Zahlen hat die Schweiz noch nie gesehen: Bis Anfang April wurde für mehr als 1,3 Millionen Menschen Kurzarbeit beantragt. Somit ist jeder fünfte Angestellte davon betroffen. Für weit über 100‘000 Unternehmen ist diese Kurzarbeitsentschädigung in der Corona-Krise existenziell. Aber was bedeutet sie für die Altersvorsorge der Betroffenen? Die wichtigsten Tipps unserer Experten.

Schneller und umfassender: Kurzarbeit neu geregelt

 

Ein Unternehmen kann Kurzarbeit beantragen, wenn es während einer beschränkten Zeit zu wenig Arbeit für seine Mitarbeitenden hat. So werden Arbeitsplätze erhalten und fehlende Umsätze ausgeglichen. Seit dem 20. März können Gesuche für Kurzarbeit zügig und unbürokratisch eingereicht und gewährt werden. Der Bund hat im selben Beschluss auch den Kreis jener Personen erweitert, für die Arbeitgeber Kurzarbeit beantragen können: Neu gehören auch Lernende dazu und Personen, die befristet, temporär oder in arbeitgeberähnlichen Anstellungen tätig sind.

 

SECO: Vereinfachte Kurzarbeit und Massnahmenpaket Bund

«Die Versorgungslücke im Alter entsteht durch zwei Fehleinschätzungen: Die Unterschätzung, wie viel man im Alter benötigt, und die Überschätzung, wie viel man bekommt.» (Zitat von Achim Reichert (*1941), Dr. rer. nat., Physiker, ehem. Hamburger Politiker)

 

Guido G. Studier, Senior Training Expert

Wie beeinflusst Kurzarbeit meine Altersvorsorge?

 

Kurzfristig gesehen hilft die Kurzarbeitsentschädigung den Unternehmen, eine akute Krise zu überstehen. Aber welche langfristigen Konsequenzen hat diese Massnahme für die Arbeitnehmer und ihre Altersvorsorge?

 

Staatliche Vorsorge (1. Säule) und berufliche Vorsorge (2. Säule)

Hier entstehen für Sie keine Vorsorgelücken. Sie erhalten bei Kurzarbeit zwar nur 80% Ihres ursprünglichen Lohns, aber der sogenannt versicherte Lohn bleibt gleich. Auf diesem Lohn basieren die Beiträge, die Sie und Ihr Arbeitgeber in die 1. und 2. Säule einzahlen. Die AHV schreibt dazu (Merkblatt 2.11):

 

«Arbeitgeberin oder Arbeitgeber müssen die Sozialversicherungs­beiträge bei Anspruch auf Kurzarbeits- oder Schlechtwetterentschädigung entsprechend der normalen Arbeitszeit, also auf 100 % des Lohnes, be­zahlen. Dies umfasst die folgenden Beiträge:

  • Beiträge an die AHV, IV, Erwerbsersatzordnung (EO) und Arbeitslosenversicherung (ALV)
  • Beiträge an die Familienausgleichskasse
  • Beiträge an die berufliche Vorsorge
  • Prämien an die Unfallversicherung»

 

Ein Rechenbeispiel:

  • Reguläre Anstellung (100%)

 

Bruttolohn

CHF 4’500.00

Abzüge 1. Säule (6,375%)
AHV, IV, EO und ALV*

-CHF 286.90

Abzug Nicht-Berufsunfallversicherung
(2%)

-CHF 90.00

Abzug 2. Säule (berufliche Vorsorge)

-CHF 169.85

Nettolohn

CHF 3’953.25

*AHV = Alters- und Hinterlassenenversicherung
IV = Invalidenversicherung
EO = Erwerbsersatzordnung
ALV= Arbeitslosenversicherung

 
  • Kurzarbeit
 
Bruttolohn

CHF 4’500.00

Kürzung des Bruttolohns:

136h x CHF 24.43

-CHF 3’322.00

Reduzierter Bruttolohn

CHF 1’177.50

Abzüge 1. Säule (6,375%)
AHV, IV, EO und ALV

-CHF 286.90

Abzug Nicht-Berufsunfallversicherung

(2%)

-CHF 90.00

Abzug 2. Säule (berufliche Vorsorge)

-CHF 169.85

Ausbezahlter Nettolohn

CHF 630.75

Entschädigung

+CHF 2’658.00

Gekürzter Gesamtlohn

CHF 3’288.75

Wichtig zu wissen: Die Beiträge in die 1. und 2. Säule sind nur während maximal 12 Monaten voll garantiert (innerhalb einer Frist von 2 Jahren). Wenn die Kurzarbeit länger dauert, müssen Sie mit Beitragslücken rechnen. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber. 

 

 

Private Vorsorge (3.Säule)

Dieser Bereich ist komplexer, weil Banken und Versicherungen sehr unterschiedliche Lösungen anbieten. Auch die Zahlungsmodalitäten sind individuell: vom monatlichen Fixbetrag bis zur flexiblen Jahresprämie ist alles möglich. Unter Umständen kann Ihre Vereinbarung bei einem reduzierten Lohn zu finanziellen Engpässen führen.  

 

Mehr Tipps: Vorsorgelücken füllen

 

 

Kurzarbeit: So vermeiden Sie Vorsorgelücken in der 3. Säule

Wenn Sie von Kurzarbeit betroffen sind, dann sollten Sie Ihre 3. Säule jetzt genau anschauen und allenfalls Anpassungen vornehmen.

 

Finanzielle Situation prüfen: Wie viel Geld steht Ihnen mit nur 80% Ihres Lohns zur Verfügung und welche Zahlungsverpflichtungen sind Sie für Ihre 3. Säule eingegangen?

 

Zahlungsmodalitäten klären: Zu welchen Zahlungen sind Sie wann verpflichtet und welche anderen Optionen (monatliche, jährliche oder flexible Zahlung) gibt es?

 

Anpassungen vornehmen: Wenn Sie Ihr reduziertes Einkommen nicht mit den Zahlungen für die 3. Säule vereinbaren können, sollten Sie mit Ihrem Vorsorgepartner über folgende Optionen sprechen:

  • Bei einer fixen Jahresprämie können Sie die Ratenzahlung auf halb- oder vierteljährlich oder gar auf monatlich abändern. Bei fondsgebundener Lösung profitieren Sie zusätzlich vom Durchschnittskosteneffekt.
  • Wenn Sie eine flexible Lösung abgeschlossen haben, bei der Sie selbst entscheiden, wie viel Sie wann einzahlen (z.B. digitale Säule 3a von Generali), dann sollten Sie prüfen, wie viel Sie im Jahr 2020 tatsächlich aufbringen können.  

 

Wichtig zu wissen: Wenn Sie Ihre Zahlungen ein Jahr lang aussetzen, kann das weitreichende Folgen haben. Im Rechenbeispiel verzichtet eine Person 2020 komplett auf die Einzahlungen in die 3. Säule. Sie hat bis zur Pensionierung noch 25 Beitragsjahre vor sich.

 

  Einzahlungslücke 2020 Zins / Rendite Beitragsjahre Lücke bei der Pensionierung
Aktueller Zinsfuss BVG 1% CHF 5’000.- 1% 25 CHF 6'412.16
Erfahrungswert
Zinsfuss Generali
CHF 5’000.- 4% 25 CHF 13’329.20

Fazit: Altersvorsorge trotz Kurzarbeit gesichert

Auch wenn Sie momentan von Kurzarbeit betroffen sind, müssen Sie sich keine Gedanken um Ihre staatliche und berufliche Altersvorsorge infolge des Covid-19 machen. Im Normalfall entstehen keine Vorsorgelücken. In der privaten Vorsorge sollten Sie Ihre Zahlungsmodalitäten und allfällige Anpassungen prüfen, damit sich Ihre langfristigen Ziele nicht verschieben.

 

Haben Sie Fragen? Unsere Experten stehen Ihnen zur Seite.

Die Autoren :

 

Steve Ummel, Guido Studier