Steuerliche Massnahmen in der Schweiz aufgrund COVID-19

Mai 18, 2020.

Mit den bundesrätlichen Massnahmen sind in der Schweiz sehr viele natürliche und juristische Personen wirtschaftlich direkt oder indirekt von COVID-19 betroffen. Die Krise trifft insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen hart, wie die Schweizer KMU-Umfrage von Generali und dem SKV zeigt: So rechnen viele Schweizer KMUs mit negativen, teilweise existenzbedrohenden, Geschäftsentwicklungen.

Um die negativen wirtschaftlichen Konsequenzen abzumildern, haben der Bund und die meisten Kantone verschiedene Massnahmen verabschiedet. Neben den wirtschaftspolitischen Massnahmen, wie der Gewährung von Krediten mit Solidarbürgschaften und der Ausdehnung der Kurzarbeit sowie der Entschädigung bei Erwerbsausfällen für Selbständige, wurden auch steuerliche Massnahmen getroffen.

 

 

Steuerliche Massnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 auf Bundesebene

Auf Ebene des Bundes sind nebst dem Verzicht auf Verzugszinsen bei den geschuldeten Mehrwertsteuern, Zöllen, Verbrauchssteuern und Lenkungsabgaben auch einige Massnahmen in Bezug auf die direkten Steuern (Einkommens- und Vermögenssteuer bzw. Gewinn- und Kapitalsteuer) verabschiedet worden. Werden provisorische oder definitive Steuerrechnungen, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2020 fällig sind, erst verspätet bezahlt, ist für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 kein Verzugszins geschuldet. Die Zahlungsfristen bleiben grundsätzlich nach wie vor gültig. Bei gegebener Härte aufgrund COVID-19 (beispielsweise längere Arbeitslosigkeit bei natürlichen Personen oder Umsatzeinbruch bei Unternehmen) kann jedoch eine Ratenzahlung oder Stundung der Steuerrechnungen beantragt werden.

 

 

Steuerlichen Massnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 auf kantonaler Ebene

Auf Ebene der Kantons- und Gemeindesteuern sind ebenfalls verschiedene Massnahmen verabschiedet worden, wobei diese je nach Kanton sehr unterschiedlich ausfallen. Einzelne Kantone haben noch keine steuerlichen Massnahmen offiziell publiziert. Grundsätzlich sind die Steuerverwaltungen jedoch angewiesen, allfällige Ratenzahlungsgesuche der Steuerpflichtigen sowohl für die direkten Bundessteuern, wie auch die Kantons- und Gemeindesteuern, sehr wohlwollend und rasch zu beurteilen.

 

Massnahmen, die in vielen Kantonen sowohl für natürliche als auch juristische Personen gewährt werden, sind die generelle Reduktion oder der Verzicht auf Verzugszinsen für definitive und teilweise auch provisorische Steuerrechnungen sowie der Mahn- und Betreibungsstopp und teilweise gar der Fristenstillstand im Zusammenhang mit der Erhebung von Rechtsmitteln. Ist die fristgerechte Bezahlung der definitiven oder provisorischen Steuerrechnung für die Steuerpflichtigen aufgrund der finanziellen Einbussen im Zusammenhang mit COVID-19 nicht oder nur erschwert möglich, kann, je nach Kanton, ebenfalls im erleichterten Verfahren eine Stundung oder Ratenzahlung der Steuerrechnungen beantragt werden. Eine Anpassung der provisorischen Steuerrechnung 2020 auf die tieferen steuerbaren Faktoren sollte ebenfalls möglich sein. Einzelne Kantone versenden zudem aktuell keine Steuerveranlagungen und -rechnungen oder haben die Zahlungsfristen angepasst.

 

Für juristische Personen und Selbständigerwerbende, die direkt oder indirekt von COVID-19 betroffen sind, haben einzelne Kantone zudem verlauten lassen, dass sie eine ausserordentliche Rückstellung in der Höhe von i.d.R. 25% bis 50% des steuerbaren Gewinns in der Jahresrechnung 2019 zulassen werden, welche in der Jahresrechnung 2020 wieder aufgelöst werden muss. Diese Massnahme ist gerade für KMUs sehr attraktiv, da dadurch eine hohe Besteuerung für 2019 mit anschliessendem Verlust im 2020 vermieden werden kann. Da der Steuersatz 2019 zudem in vielen Kantonen höher ist als im 20201 dürfte sich bereits dadurch ein steuerlicher Vorteil aus dieser Massnahme ergeben.

Anzumerken ist, dass diese Massnahme steuerrechtlich umstritten ist. Einige Kantone haben eine solche Massnahme abgelehnt oder diskutieren noch über deren Zulässigkeit. Der Bund hat sich hierzu (Stand 8. April 2020) unseres Wissens noch nicht vernehmen lassen.

 

 

Expertentipp für KMU

Wir von PrimeTax empfehlen, insbesondere bei Liquiditätsengpässen, möglichst bald zu prüfen, ob Sie oder Ihr Unternehmen von einer Ratenzahlung oder Stundung der Steuerrechnung Gebrauch machen können. Für Details zu den steuerlichen Massnahmen im jeweiligen Kanton möchten wir auf die kantonalen Medienmitteilungen verweisen. Eine Übersicht der Massnahmen in den einzelnen Kantonen, die laufend aktualisiert wird, finden Sie auch auf unserer Homepage.

 

Zudem empfehlen wir, sofern Ihr Unternehmen direkt oder indirekt von COVID-19 betroffen ist, soweit handelsrechtlich möglich2, die Vornahme einer zusätzlichen «COVID-19-Rückstellung» im Jahresabschluss 2019 zu erwägen. Auf eine solche sollte aber verzichtet werden, wenn im Jahr 2019 ein voller Beteiligungsabzug resultiert oder bereits ein Verlust ausgewiesen wurde, da die Verlustvortragsperiode grundsätzlich auf sieben Jahre beschränkt ist.

 

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Aufgrund der Senkung der Unternehmenssteuersätze in vielen Kantonen als Reaktion auf die letzte Steuerreform (STAF)

2 Handelsrechtlich sollte die Bildung der Rückstellungen als Instrument zur Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens im Sinne von Art. 960a Abs. 4 OR sowie Art. 960e Abs. 3 Ziff. 4 OR u.E. möglich sein. Die Prüfung der steuerlichen Zulässigkeit erfolgt im Veranlagungsverfahren.

Die Autorin

 

Rebecca Schwarzenbach, Managerin bei PrimeTax Zürich, dipl. Steuerexpertin.