Im Konkubinat: So sichern Sie sich gegenseitig richtig ab

Sep 9, 2021.

Das Schweizer Gesetz regelt vieles, aber das Leben im Konkubinat gehört nicht dazu. Wer unverheiratet ist, muss bestimmte Regeln selbst definieren und sich für Notfälle absichern. Das Wichtigste fürs Zusammenleben können Sie in einem Konkubinatsvertrag festhalten. Und mit einer Patientenverfügung sowie einem Vorsorgeauftrag sind Sie für Ausnahmesituationen gerüstet. Die wichtigsten Tipps im Interview mit unserem Vorsorgeexperten Guido Studier.

Guido, wenn zwei Menschen im Konkubinat zusammenleben: Was sollten sie frühzeitig schriftlich festhalten?

Frisch verliebt will man sich nicht mit dem Schlimmsten befassen – weder mit einer Trennung noch mit einem gesundheitlichen Notfall. Trotzdem rate ich Ihnen, sich frühzeitig ein paar wichtige Fragen zu stellen:

  • Wer bezahlt Dinge, die Sie im Alltag gemeinsam zum Leben brauchen?
  • Wer haftet für Verträge, die Sie gegenüber Dritten gemeinsam unterschrieben haben?
  • Im Fall einer Trennung: Wem sollen Gegenstände gehören, die Sie während der Beziehung gemeinsam gekauft haben?
  • Wer darf zu Hause wohnen bleiben und innert welcher Frist soll die andere Person ausziehen?
  • Bei einem Todesfall: Was soll die oder der Hinterbliebene erben?
  • Ist die Altersvorsorge der Partnerin oder des Partners abgesichert?
  • Wollen Sie Ärzte für den Notfall vom Arztgeheimnis entbinden, damit Ihre Partnerin oder Ihr Partner informiert wird?  

 

Was sich im Innenverhältnis der Beziehung abspielt, das regeln Sie am besten mit einem Konkubinatsvertrag. Und die essenziellen Fragen in dieser Liste lassen sich mit einer Patientenverfügung und einem Vorsorgeauftrag beantworten.

 

Wieso sind Patientenverfügung und Vorsorgeauftrag im Konkubinat so wichtig?

Weil sie regeln, was mit Ihnen geschieht, wenn Sie nicht mehr urteilsfähig sind, nach einem Unfall beispielsweise. Dann wird nämlich nicht automatisch Ihre Partnerin oder Ihr Partner verantwortlich sein, sondern der Staat in Form der KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde). Deshalb sollten Sie im Vorsorgeauftrag unbedingt festhalten, wer in Ihrem Namen entscheiden darf, in welches Pflegeheim Sie kommen oder ob die Hypothek fürs Eigenheim verlängert werden soll. Mit der Patientenverfügung sorgen Sie dafür, dass im Notfall nach Ihrem Willen gehandelt wird, ohne dass Ihre Partnerin oder Ihr Partner medizinische oder rechtliche Entscheidungen fällen muss.

 

Fangen wir mit dem bekannteren Dokument an: Was genau regelt die Patientenverfügung?

In der Patientenverfügung halten Sie fest, welche medizinischen Massnahmen Sie im Ernstfall wünschen und welche nicht. Beispielsweise wenn es darum geht, ob Sie reanimiert oder künstlich beatmet werden dürfen. Ohne diese Verfügung müssen Ärzte gemeinsam mit Ihren engsten Angehörigen entscheiden, was zu tun ist. Die Konkubinatspartnerin oder der -partner wird meistens nicht miteinbezogen, deshalb sollten Sie ihn oder sie in einer Patientenverfügung dazu berechtigen. Mustervorlagen können Sie bei der FMH, dem SRK oder der Caritas downloaden.

 

Und weshalb brauche ich zusätzlich einen Vorsorgeauftrag?

Der Vorsorgeauftrag kommt zum Einsatz, wenn Sie nicht mehr urteilsfähig sind. Er hält fest, wer stellvertretend für Sie Entscheidungen treffen darf. Das kann Ihre Partnerin oder Ihr Partner sein, aber auch eine andere Person, der Sie vertrauen. Der Vorsorgeauftrag muss handschriftlich verfasst oder öffentlich beurkundet werden. Er besteht aus drei Teilen:

  • Die Personenvorsorge legt fest, wo man im Fall einer Pflegebedürftigkeit leben möchte und wer einen betreuen soll.
  • Die Vermögensvorsorge definiert, wie Ihr Erspartes verwaltet wird, und bei Selbständigen, wie die Geschäfte weitergeführt werden sollen.
  • Der dritte Teil regelt den Rechtsverkehr mit Ämtern und anderen öffentlichen oder privaten Stellen.

 

Wo lege ich fest, was meine Partnerin oder mein Partner erben soll, wenn ich sterbe?

Es ist gesetzlich klar geregelt, wie ein Erbe aufgeteilt wird: Im Konkubinat geht die hinterbliebene Person leer aus, wenn weder Testament noch Erbvertrag existieren. Dann erben Eltern oder Kinder das Vermögen der verstorbenen Person. Deshalb sollten Sie auch dieses Thema zwingend regeln. In einem Testament können Sie Kinder auf den vorgeschriebenen Pflichtteil setzen und den frei gewordenen Teil der Partnerin oder dem Partner vererben. So bekommt sie oder er bei gemeinsamen Kindern maximal 25% des Vermögens. Wenn es keine Kinder gibt und die Eltern noch leben, sind es 50%, bei einem Elternteil können 75% an die hinterbliebene Konkubinatsperson vererbt werden.

 

Im Jahr 2023 soll sich im Erbrecht einiges ändern – was wird anders?

Konkubinatspaare bekommen endlich mehr Rechte, man kann die hinterbliebene Person im Erbvertrag oder im Testament stärker begünstigen. Weil der Pflichtteil für die Eltern abgeschafft wird, gehen, sofern gemeinsame Kinder vorhanden sind, bis zu 75% an die hinterbliebene Person, ohne Kinder sogar 100%. Der Pflichtteil für die Eltern ist aktuell vor allem dann problematisch, wenn ein unverheiratetes Paar Wohneigentum besitzt und Eltern auf ihrem Erbanteil beharren. 

 

Wie ist die hinterbliebene Konkubinatsperson im Todesfall finanziell abgesichert?

Bei der staatlichen Vorsorge hat die oder der Hinterbliebene keinen Anspruch auf eine Witwen- oder Waisenrente. Aus der zweiten Säule hingegen können Sie unter Umständen Geld erhalten. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Pensionskasse. Die private Vorsorge schreibt vor: Wenn Sie fünf Jahre am Stück als Paar im Konkubinat gelebt haben, können Sie Erspartes aus der Säule 3a erben. Bei der Säule 3b entscheiden Sie selbst, wer im Todesfall begünstigt werden soll – vorausgesetzt, Sie halten die Pflichtteile ein und die Versicherung hat einen Rückkaufswert.

 

Generali Tipp: Im Konkubinat ist es sinnvoll, gewisse Versicherungen zusammenzulegen (unter anderem beim Hausrat) oder die andere Person in einen bestehenden Vertrag aufzunehmen (Rechtsschutz, Haftpflicht). So sparen Sie Geld, das Sie stattdessen in die Altersvorsorge investieren können. Ganz nach dem Motto: Kleinvieh macht auch Mist.

 

Über den Autor

Guido hat Betriebsökonomie FH studiert und ist eidg. dipl. Versicherungsfachmann VBV. Er ist seit über 25 Jahren im Versicherungswesen tätig und bildet in der Generali Academy Versicherungsfachleute aus. Guido hat einen Executive Master of Finance ZHAW und ist auch eidg. dipl. Lehrer für Wirtschaft und Gesellschaft EHB sowie Mitglied von #TeamVorsorge.

 

Guido G. Studier, Training Expert bei Generali

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