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Spiel- und Lernprogramm schritt:weise.

Für Kleinkinder und Eltern: gleiche Chancen trotz schwieriger Verhältnisse.

Jedes Kind soll die gleichen Chancen auf Bildung und Förderung haben. Von Anfang an. Das Spiel- und Lernprogramm schritt:weise begleitet Familien aus sozial belasteten Verhältnissen. Koordinatorin Laila Akra über Hausbesuche und Erfolgserlebnisse.

Frau Akra, schritt:weise ist ein Spiel- und Lernprogramm für Kinder aus sozial belasteten Verhältnissen. Was beinhaltet es genau?

Wir möchten, dass Kinder aus vulnerablen Familien von Anfang an den gleichen Zugang zu Bildung haben und sich altersgerecht entwickeln können – so wie jedes andere Kind auch. Dass sie beispielsweise Spielsachen kennenlernen, die es im Heimatland der Eltern gar nicht gibt. Oder dass eine Mutter weiss, dass sie in einer Bibliothek gratis Kinderbücher ausleihen kann. Dieses Alltagswissen ist längst nicht so selbstverständlich, wie man meinen könnte.

Was wir mit schritt:weise tun, ist sehr alltagsnah und eingebettet ins Familienleben. Eine Familie wird während 18 Monaten von uns begleitet, mit wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Besuchen zu Hause und mit Gruppentreffen, die den Eltern Austausch und soziale Einbettung ermöglichen. 

Welche Familien nehmen dieses Angebot in Anspruch?

Wir richten uns an sozio-ökonomisch belastete Familien mit Kindern zwischen knapp 1 und etwa 3.5 Jahren. Darunter sind Familien mit Migrationshintergrund, Einelternfamilien oder solche, die sozial isoliert und mit wenig Zugang zu Bildung leben. Die meisten wissen nicht, dass es unser Angebot gibt. Deshalb brauchen wir ein Netzwerk von Fachpersonen, das über unser Programm informiert. Fachpersonen sind zum Beispiel Sozialarbeitende, Mütter- und Väterberatende oder Kinderärztinnen und Kinderärzte. Oft werden wir von Familien empfohlen, die bereits am Programm teilgenommen haben - das ist für uns das schönste Kompliment.

Wie muss man sich die frühkindliche Förderung bei den Hausbesuchen vorstellen?

Bei uns geht es weder um Frühenglisch noch um Mathematik für Kleinkinder – wir spielen, basteln oder erzählen Geschichten, immer gemeinsam mit einem Elternteil. Das Kind kann so motorisch, sprachlich, kognitiv und emotional profitieren. Unsere Hausbesucherinnen sind selbst Mütter, die mit ihrer persönlichen Erfahrung auf Augenhöhe mit den Familien interagieren. 

Eltern in schwierigen Situationen sind oft unsicher, sie brauchen einen Anstoss oder Begleitung. Ein Vater hat uns zum Beispiel erzählt, dass er den Fernseher in den Keller gestellt hat, weil seine Familie während der Zeit mit schritt:weise viele Spielsachen und Anregungen erhalten hat. Seine Kinder können sich bis heute so gut damit beschäftigen, dass der Fernseher überflüssig ist. 

Was lösen diese Hausbesuche bei den Eltern aus?

Das kann ich am besten am Beispiel von Samira erklären. Sie kam aus Marokko in die Schweiz und lebte mit ihrem Mann und ihrem Sohn sehr zurückgezogen. Für die Familie war es völlig neu, regelmässig Besuch zu bekommen. Beim ersten Treffen in ihrer Wohnung weinte Samira, weil sie in 2 Jahren noch nie von Personen ausserhalb der Familie besucht worden war. Heute ist Samira aktiv ins Quartierleben eingebunden. Sie führt Elterncafés durch, tauscht sich dort mit Müttern in ähnlichen Situationen aus und erzählt, wie schritt:weise ihrer Familie geholfen hat. So kamen über Samira schon einige Familien zu uns. 

Welche Veränderungen stellen Sie nach 18 Monaten Begleitung bei den Familien fest?

Wir sehen, was Eltern und Kinder aus dieser Zeit in den Familienalltag mitnehmen. Zum Beispiel bei einer Mutter, ursprünglich aus Afghanistan, die durch die Hausbesucherin ganz neue Spielsachen für ihren Sohn kennengelernt hat: sein erstes Puzzle, das ihn nachhaltig begeistert hat, oder ein Lotto-Spiel, bei dem die ganze Familie immer gern zusammenkommt. Sie hat auch die Bibliothek kennengelernt und geht oft dorthin, um ihrem Sohn Geschichten vorzulesen. Das wiederum hat ihr eigenes Deutsch verbessert. Bei den Gruppentreffen konnte sie sich nach einer Weile mit anderen Müttern unterhalten und Fragen stellen. Eine beeindruckende Veränderung!

Wenn das Programm endet, sorgen wir dafür, dass die Familien weiterlernen können und bei Bedarf Unterstützung erhalten. Für Eltern kann das zum Beispiel eine Elterngruppe oder ein Muki-Deutschkurs sein. Für Kinder kann eine Kita oder Spielgruppe passend sein. 

Was beeindruckt Sie am meisten bei diesem Programm?

Ich finde den Einblick in andere Kulturen enorm spannend. Zu Beginn sehe ich nur einen Namen auf der Klingel, aber sobald die Tür aufgeht, lande ich in einer Kultur. Vielleicht trinke ich mit einer afghanischen Mutter Tee auf dem Boden oder erfahre die Geschichte einer geflüchteten Familie aus der Ukraine. Jede Familie gestaltet ihr Leben anders, so kann auch ich selbst viel lernen. Die Arbeit für schritt:weise ist abwechslungsreich und sinnstiftend. 

Und wenn das Programm zu Ende geht, bekommen wir oft berührende Rückmeldungen, die ganz rudimentär von Google ins Deutsche übersetzt wurde. Zum Beispiel: «Die Freude und das Glück meines Sohnes, wenn die Hausbesucherin gekommen ist, haben mein Herz warm gemacht.» Oder: «Durch die regelmässigen Besuche habe ich mich als Mama nicht allein gefühlt.»

Laila Akra, Leiterin schritt:weise Standort Bern Nord/Ost

Laila Akra

Leiterin schritt:weise Standort Bern Nord/Ost

Laila Akra ist Sozialarbeiterin FH und leitet als Koordinatorin den schritt:weise-Standort Bern Nord/Ost. In dieser Funktion betreut sie ein Team von vier Hausbesucherinnen. Sie ist stellvertretende Bereichsleiterin der Frühförderung Stadt Bern, Lehrerin und Mutter von drei Kindern.